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Das Gespräch mit der Metallrestauratorin aus Litauen


Mitten im Herzen von Wien, im Innenhof der Hofburg steht das Denkmal für Kaiser Franz I/II. Das Denkmal seinem Vater, dem deutsch - römischen (1792-1806) Kaiser Franz II und dem österreichischen Kaiser erbaute sein Sohn Ferdinand im Jahr 1846. Hunderte Touristen gehen an das Denkmal vorbei, lassen sich fotografieren oder erholen sich sitzend auf der Treppe. Durch sein Kabinettfenster sieht den Kaiser selbst der österreichische Präsident. Aber sowohl er, als auch die Touristen wissen nicht, dass vor 2 Jahren, als das Denkmal restauriert wurde, die Bronzafalten der kaiserlichen Toga von der litauischen Metallrestauratorin gereinigt und poliert wurden.

Also, wir treffen uns, um uns über die Wege, die sie zum habsburgischen Erbe geführt haben, zu unterhalten.
Jone kommt direkt von der Arbeit- Metallrestaurationsfirma "Objekt Restaurierung". Sie lächelt von Weitem, lacht viel und erzählt von Zinkfiguren, die sie den ganzen Tag geputzt und repariert hat. Wir überholen die Touristen und stehen nun im Innenhof von der Hofburg vor dem berühmten Denkmal. Jone deutet mit dem Finger auf eine der vier weiblichen Figuren, die den Kaiser I/II umgeben: "Die da rechts haben wir beim Restaurieren Miss Piggy genannt, denn ihr Gesichtsausdruck und an ein Schweinchen erinnerte".

 Jone, wann und unter welchen Umständen bist Du nach Österreich gekommen?- frage ich sie.
Ich bin nach Österreich vor 6 Jahren gekommen. Als ich an der Kunstakademie von Vilnius das Studium der Kunst der Juwelier und des Schmiedehandwerks absolviert habe, habe ich ein Jahr lang in einer Kunstgalerie gearbeitet. Es schien alles in Ordnung zu sein, aber innerlich hat mir was gefehlt. Also, ich bin für einen Monat zu einer Freundin nach Wien gekommen um zu überlegen, was ich weiter in meinem Leben machen möchte. Dass es ausgerechnet Wien wurde, war nur ein Zufall. Mir war nicht wichtig, wohin ich fahre. Nach einem Monat hatte ich schon die ersten Bekanntschaften geschlossen und überlegte noch länger zu bleiben. Trotz meiner geringen Deutschkentnissen ist es mir gelungen eine geringfügige Arbeitsstelle in einem Studentenheim zu finden. Später habe ich einen Wienerkünstler kennengelernt. Durch ihn habe ich meine jetzige Arbeitgeber, die Besitzer der Metallrestaurierungsfirma, kennengelernt. Als die Firma nach einem Wettbewerb den Antrag, das Denkmal von Kaiser Franz I/II zu restaurieren bekommen hat, wurde ich als Mitarbeiterin angestellt.

Kann man sagen, dass Du zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort erschienen bist?
Ja, ich glaube alles war ein schöner Zufall.

Erzähle bitte mehr von dem Restaurieren dieses berühmten Denkmals. Was ist das für ein Gefühl, mit eigenen Händen das habsburgische Erbe anzufassen?
Das Gefühl ist wirklich einmalig. Mir gefällt es, dass meine Arbeit abwechslungsreich ist, denn jedes neue Objekt zum Restaurieren ist anders, mit anderen Restaurierungsmethoden, und -techniken. Bei jedem neuen Objekt lerne ich was Neues.
Das Projekt vom Franz I/II Denkmal dauerte 2 Jahre lang. Wir haben das Denkmal in der warmen Jahreszeit restauriert. Während der Arbeit dachten wir uns die Geschichten zu den Figuren aus, sprachen mit ihnen, gaben ihnen die Namen. Während der Mittagspausen beobachteten wir sitzend auf der Gerüst die Touristen. Wir haben auch viele Möglichkeiten gehabt die diplomatischen Empfänge vom Präsidenten zu beobachten.
Durch meine Arbeit komme ich zu den Objekten, die den normalen Touristen nicht zugänglich sind. Wir werden auch oft zu den speziellen Führungen eingeladen.

Welche bekannte Objekte hast Du noch restauriert?
Ich habe Stock-im-Eisen restauriert, eine Uhr aus dem 18.Jahrhundert aus der Liechtenstein Sammlung, eine Rüstung aus der Sammlung des Grafenegg Schlosses, eine Bedienungsmaschine von der Kraftwerk Wienerbruck, das barocke Tor im Stift Stamms, auch viele kleinere Sachen von privaten Sammlungen. Zur Zeit restaurieren wir Zinkfiguren von dem Dach des Landesmuseums Linz.

Wie ist das Leben in Österreich? Gefällt es Dir hier?
Ich sehe viele Möglichkeiten hier für Metallrestauratorin, und Restauratoren allgemein. Wien ist eine reiche Stadt, es gibt sehr viele kulturelle Angebote, auch kostenlose. Schon in ersten Monaten habe ich Deutschkurs besucht, dort einige Freunde gefunden.

Vermisst Du Litauen? Hast Du Heimweh?
Ja, ich vermisse Litauen. Aber ich glaube, in Litauen würde ich Österreich vermissen. Hier fehlt mir meine Familie. Ich komme aus einer großen Familie. Meine Schwester hat gerade ein Baby bekommen, ich bin traurig, dass ich nicht dabei sein kann um ihre Freude zu teilen. Meine Familie ist zusammen, und ich alleine bin im Ausland und kann nicht zusammen sein.
Ich vermisse auch litauische Seen und Wälder, vor allem unsere Fichtenwälder.

Danke für das Gespräch

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